addicted by travelling

24.01.2011 – Vulkan Puracé 4.760 m

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Um 03.35 läutet der Wecker und frisch und fröhlich springe ich aus dem Bett (oder doch nicht?? Gääähn). Um 04.15 bin ich bei der Busstation, um ein Ticket für 04.30 zu kaufen. Aber der Verkäufer sagt, der erste Bus fährt erst um 05.00. Na, da hätte ich ja noch eine halbe Stunde pennen können, aber so frühstücke ich erst mal, bis um 05.00 endlich der Bus abfährt. Zwischenzeitlich müssen die Männer mal kurz aussteigen, um bei der Polizeikontrolle die Pässe vorzuweisen. Um 06.45 – es ist schon hell – darf ich bei der Cruce de la mina aussteigen. Hier ist es nicht wirklich warm und ich ziehe mal den Pulli, Handschuhe und Stirnband an. Von hier sind es ca. 20 Minuten bis zur Nationalparkverwaltung (ca. 3.300 m) des Parks Vulkan Puracé. Ich bezahle die Eintrittsgebühr 19.000,– und nach dem zweiten Frühstück am Fuße des Berges beginne ich um 08.00 die Besteigung.

Die Schwierigkeit liegt nicht im Anstieg, sondern in der Höhe: Popayan liegt auf 1.760 m, die Busfahrt 1.45 Std. auf ca. 3.300 m, und dann der Gipfel auf 4.760 m. Das sind innerhalb kürzester Zeit 3.000 Höhenmeter, und ab ca. 3.500 Höhenmeter kann die Höhenkrankheit einsetzen.

Über saftige Wiesen vorbei an Rindern und deren Kuhfladen geht es erst mal gemütlich bergan. Noch spüre ich die Höhe nicht und es sieht auch gar nicht so weit aus. Man kann schon manchmal den Gipfel mit den Schwefelschwaden sehen. Da ein ziemlich strenger Wind bläst, wechsle ich den Pulli mit der Windjacke und das ist gleich viel angenehmer. Nach einer Stunde bin ich das erste mal erschöpft und mache kurz Pause. Nochmals eine Stunde später raste ich auf geschätzten 4.200 m bei einem Radiomasten, wo ich auch kurz in der Ferne einen Blick auf den Nevado del Huila – der erste schneebedeckte Berg – erhasche. Das Gehen fällt mir jetzt schon etwas schwerer, die Luft ist doch schon ziemlich dünn. Noch weiter oben ist es zeitweise so, dass ich 10 Schritte mache, und dann wieder Pause. Und jedesmal schaue ich nach oben, wie weit es noch ist. Es fängt auch an ein bisschen bewölkt zu werden, also versuche ich, so lange durchzugehen, bis ich fast nicht mehr kann und dann Pause mache; das funktioniert ganz gut. Aber dann kommt die letzte Strecke: nur mehr Zick-Zack in kurzen Schwüngen mit 2 „aufmunternden“ Steinen, auf denen steht: 500m und 300m. Kurz vor 12.00 bin ich endlich oben, bzw. fast am Gipfel. Ich stehe am Kraterrand des Vulkanes, dieser misst ca. 900 m im Durchmesser und ist vielleicht 150 m tief. Am linken Kraterboden ist ständig Geröll am herumkullern, zuerst glaubte ich, dass ein paar Männer Sulfur oder sonstiges fördern. Aber es sind nur ständig hinabrollende Steine. In einer knappen Stunde umrunde ich noch den Krater, aber irgendwie ist mir komisch: Ich fühle mich wie betrunken und torkle herum, als hätte ich 3 oder 4 Biere intus. Deshalb gehe ich auch etwas vom Kraterrand weg, denn bei diesem Geröll ist es wahrscheinlich fast unmöglich, ohne Hilfe wieder raufzukommen.

Da mein Mittagessen aus Brot und Schokolade bestand, gibt es eigentlich nur diese 2 Möglichkeiten, dass hier jemand etwas beigemischt hat, oder es ist wirklich die Höhe und ich hab die Höhenkrankheit.

Es zieht jetzt kurzzeitig komplett zu und man kann kaum 100 m weit sehen. Da der Abstieg angeblich 3 Stunden dauert und der letzte Bus nach Popayan um 17.00 vorbeifährt, beginne ich um 13.00 den Abstieg, oder besser gesagt, die Torkelei bergab. Zum Glück hat mich dabei keiner gesehen. Teilweise grinsend und auf die Wanderstecken gestützt, wanke ich den Berg hinab. Irgendwann beginne ich auch zu singen, und mit den Steinen und dem Gras zu reden, aber nur wirres Zeug. Zum Glück falle ich nirgends hinunter oder hin. Auf dem Hinweg musste ich mehrere Minibrücken überqueren, das fällt mir beim Runtergehen schon ziemlich schwer. Bedächtig und voll konzentriert wanke ich über 2 Bambusstecken, die kaum länger als 1,5 bis 2 m lang sind. Irgendwie schaffe ich es, bis 16.00 Uhr in der Rangerstation zu sein, denn so lange ist diese besetzt. Der Ranger fragt mich, wie es war, und ich lalle ihm etwas vor, aber er bemerkt es nicht.

Schön langsam geht es mir besser, der vermehrte Sauerstoff tut seine Wirkung. Bei der Kreuzung treffe ich 2 Amerikaner, die auch versuchten, den Vulkan zu besteigen, aber sie schafften es nur bis zur Radiostation, dann waren sie auch von der Höhenkrankheit befallen und gingen retour. Wir plaudern und warten auf den 17.00 Bus. Es ist aber mittlerweile schon 17.45 und wir werden ungeduldig. Also beschließen wir, vorerst runterzugehen und dann den Bus aufzuhalten, falls er kommt. Keine 100 m später kommt ein Jeeptaxi vorbei und wir können hinten auf der Ladefläche mitfahren. Dann zwängt sich noch eine ganze Familie rein und jetzt kann keiner mehr auch nur den kleinen Zeh bewegen. Kurz vor Popayan kommen wir in eine Polizeistreife, wir müssen uns wie Verbrecher an den Jeep lehnen und werden abgetastet. Wir dürfen weiterfahren und in Popayan gehen wir gleich in ein Restaurant, denn uns hängt allen Dreien der Magen bis zum Boden. Es gibt 4erlei Fleisch, einen Kartoffel und 3 Saucen dazu – superlecker, für Euro 7,–. Dann kehren wir mit bleiernen Schritten ins Hostal zurück, es gibt eine angenehme Dusche und dann ruft auch schon das Bett.

Written by Robert

06/02/2011 um 04:06

Veröffentlicht in Kolumbien 2011

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